mueritz

Das Bewusstsein rund um unsere Gefühle und Emotionen, die Erkenntnis,  dass wir mehr als rationale Wesen sind, breitet sich zum Glück seit dem letzten Jahrhundert immer mehr in unserer Kultur aus.

Emotionale Intelligenz, soziale Kompetenz und auch das Wissen darüber, dass Sexualität erlernbar ist und wir uns egal in welchem Alter bei guten Bedingungen in allen genannten Bereichen weiter entwickeln können, erreicht immer mehr Menschen.

In einer Liebesbeziehung ist es unabdingbar, zu lernen, Verantwortung für die eigenen Gefühle und Bedürfnisse zu übernehmen. Für unser ganz persönliches emotionales Gleichgewicht ist es wichtig zu lernen, was ich brauche, um ausgeglichen zu sein und um meine Grenzen und Möglichkeiten zu wissen. Es ist zentral, meine Bedürfnisse gut zu spüren und artikulieren zu können und auch damit umgehen zu lernen, wenn diese durch mein Gegenüber nicht erfüllt werden können.

In intimen Liebesbeziehungen tauchen bei Nichterfüllung der Bedürfnisse durch den Partner meist nach kurzer Zeit schon Schatten und Schmerzpunkte in mir auf. Oft versagt uns der/die Partner/-in unsere Bedürfnisse noch nicht mal deshalb, weil er es vielleicht nicht möchte, aber weil er/sie es vielleicht einfach nicht kann aufgrund der eigenen Geschichte und Themen.

Das kann starke Gefühle von Einsamkeit, Ohnmacht und Verlassenheit auslösen, Wut und Groll aktivieren, Enttäuschung und sogar Hass. Diese intensiven Emotionen haben oft ihren Ursprung in verdrängten alten Gefühlen, die aus einer Zeit stammen, in der wir noch nicht für uns einstehen konnten. Der innere regredierte Kind-Anteil in uns beginnt zu toben, zu fordern, zu leiden und wenn wir nicht aufmerksam und bewusst damit umgehen (und erkennen, dass es nicht unser Partner/in ist, die den Schmerz absichtlich auslöst), können diese Anteile sich destruktiv auf unsere Beziehung auswirken.

Natürlich ist es hilfreich, dass beide Partner sich über diese Perspektive und diese Mechanismen bewusst werden und mitkriegen, wenn sie sich im verletzenden Machtkampf um die Erfüllung ihrer Wünsche in der Partnerschaft aus der Position des inneren regredierten Kindes befinden.

Zum Glück ist es erlernbar, diesen Anteil in uns zu erforschen, zu erkennen und so zu beruhigen, das wir zwar für seine Bedürfnisse einstehen können und sorgen können, aber dem Partner nicht automatisch Schuldzuweisung aussprechen, wenn er diese nicht erfüllen kann.

Es ist wichtig, eine Partnerschaftskultur miteinander aufzubauen, in der emotionaler Schmerz und Konflikte da sein dürfen und diese aber zur Vertiefung der Bindung durch tieferes Verstehen und Einander Sehen führen können. Dazu gehört auch, anzuerkennen, wenn persönliche Grenzen erreicht sind und Hilfe und Unterstützung außerhalb der Beziehung gesucht werden sollte, in einer Paar- oder Einzeltherapie.